Bald nach Beginn der vierten
Klasse fliegen dem Lehrer besonders viele Wünsche zu: "Ich will, äh ich sollte,
äh eigentlich muss dich dringend mal eine ZLN halten". Leicht soll sie sein, vom
Blatt abgelesen wird sie, wie denn sonst, und die volle Punktzahl bitte. ZLN
meint "benotetes Referat".
Da habe ich als Lehrer einen Rest von Genuss-Anspruch:
Lesen Sie Ihr Referat nicht vom Blatt ab, sondern tragen Sie es nach Stichworten
vor. Verwenden Sie Bilder - der Computer samt Beamer steht bereit. Und jedes
Referat-Thema erwartet für die letzten 5 Punkte einen denkerischen Inhalt.
Am Anfang herrschte große Vielfalt bis
in die grundlegenden Baupläne: Hier kommen Ausschnitte aus einem Referat über die
Ediacara-Fauna
Fotos: Das sind keine wiederbelebten Exemplare der Ediacara-Fauna, sondern ein Nachbau, wie diese
urtümlichen Tiere im Sand gesteckt haben könnten, von unserer Referentin Katrin
am 27.11.2015.
In das Referat lassen sich
Rekonstruktionsversuche des Meeresbodens vor 560 Millionen Jahren einbauen:
"Als Leben noch so einfach war" - die frühesten Formen des
Lebens würden heute ratzeputz von jeder Seekuh weggefressen. Aber es gab eben
keine Seekühe. Das pure Herumstehenkönnen im kaum belebten Umfeld genügte. Wer sich
ein bisschen vom Fleck bewegen konnte, war schon ein Renner. Die Tiere hatten
damals weder Skelette noch Schalen. Der Qualle mögen sie im Gewebe ähnlich gewesen sein.
Das macht ihr Finden als Fossilien im Stein, 560 Millionen Jahre später, zu
einem späten und zufälligen Akt. Aber 1946 startete die Entdeckung des "Lebens
vor der kambrischen Explosion", und diese vom heutigen Leben so
unterschiedliche, weitgehend dann weggefressene Fauna (= Tierwelt) ist uns ein
Referat wert. Zum Einstieg zitiere ich mal die Seite eines Museums in Kanada:
Ediacara Biota -
Ancestors of Modern Life or Evolutionary Dead End?
In 1946, our view of ancient
life was changed dramatically when the first convincing fossils of Precambrian
animals were found in the Ediacara Hills of Australia. The unusual fossils,
originally interpreted as jellyfish, strange worms, and frond-like corals, gave
scientists their first look at the animals that populated the Precambrian seas.
The blue areas on the map show rocks of Ediacaran age, and the red dot shows the
original discovery site in the Ediacara Hills.
Before this discovery, it was
believed either that animals had not evolved during the Precambrian, or that
they could not be fossilized since they did not have hard skeletons or shells.
We now know that animals did evolve more than 545 million years ago, and that
even though they were soft-bodied their body shapes were preserved during rapid
burial by sand.
Since the discovery in
Australia, the Ediacara Biota (named after the discovery site) has been found at
more than 30 localities worldwide on every continent except Antarctica. As with
any new discovery, scientists have differing opinions about the nature of the
animals, and even if they were
true animals. Some feel that they are the ancestors of modern animals, while
others view them as a unique group that went totally extinct 545 million years
ago.
The Edicaran of
Canada
In Canada, Ediacaran fossils
are found in the Northwest Territories, Yukon, British Columbia, and
Newfoundland. The Mackenzie Mountains, NWT, has the thickest continuous section
of rock (2.5 kilometres) containing Ediacaran fossils in the world. In addition
to the myriad of
disk-form fossils (like Ediacaria and Cyclomedusa), recent
discoveries in Canadian rocks include the tentacled sea anemone-like creature
Hiemalora, the segmented-form
Windermeria, and the frond-like "spindles" of
The Mistaken Point Fossil Assemblage of Newfoundland.
Cutting-edge research on
Precambrian life is being done in Canada, notably at Queen's University and the
University of Montreal. The mysteries of this important but obscure time in the
development of life on Earth are being unravelled through careful study of
Canadian fossils and others found around the world.
Recent
fossils found in Namibia show us that members of the Ediacara Biota did
populate the oceans up until the end of the Precambrian (545 million years ago).
With the close of the Precambrian, much of the Ediacara Biota would become
extinct. Many of them seem to be "failed experiments" in the evolution of life
on Earth that became extinct just before the Cambrian "Explosion" of Life.
Other Precambrian fossils do
appear to be from the ancestors of modern animals. It is generally agreed that
simple burrows and trace-fossils (such as Helminthopsis pictured to the
left) found in upper Precambrian rocks were made by primitive worms. These worms,
and some other members of the Ediacara Biota, survived the extinction event and
took part in the greatest evolutionary event in Earth's history: The Cambrian
"Explosion" of Life. Within 35 million years of the end of the Precambrian,
representatives of essentially all modern phyla were present in the Cambrian
seas.
Gibt man "Ediacara-Fauna" in
die Suchmaschine ein, liefert sie Bilder wie die obigen.
Anmerkung
des Lehrers:
Die
Fossilien der Ediacara-Fauna belegen erste mehrzellige tierische Organismen.
Mehrzellige Algen, also
Pflanzen, gibt es wohl erheblich länger. Bei den Pflanzen entstanden
unabhängig voneinander im Meer mehrfach über lange Fäden (oft) oder Kolonien
(selten) mehrere vielzellige Stämme (Grünalgen und Rotalgen als
Pflanzenvorfahren, Braunalgen sind komplett selbstständig entstanden).
Die Vorgänger "einzelligeTiere"
sind Eukaryonten, also Einzeller mit Zellkern, die nicht grün sind, also
keine Chloroplasten haben. Von diesen "Tieren" haben wir keine Funde.
Eine ANALOGE Form zu
damaligen sesshaften Tieren ist heutzutage die Seefeder. Sie sieht einigen
damaligen Tierabdrücken äußerlich sehr ähnlich. Sie ist aber eine
Polypenkolonie - eine eher neue Entwicklung.
Doch die Lebensweise der
Seefeder und der See-Anemonen heutzutage dürfte einigen damaligen
Lebensweisen schon entsprechen.
.................
Auf der Suche nach Rekorden?
Nun, vor dem Präkambrium mit seiner Ediacara-Faune gab es eine Eiszeit. Und da drin und noch davor findet
man nun echt wenig Spuren von vielzelligem Leben. Aber man findet. Es handelt
sich um Vorfahren der oder Analogien zu den heutigen See-Anemomen:
"Tassenförmige Sitztierchen", noch ohne Bewegung, aber schon ohne Abhängigkeit
vom Licht, also Tiere.
Und wer kümmert sich um die
Frühgeschichte der lieben Pflanzen? Die Algen-Fachleute. Und ihnen steht ein
anderer Weg zur Verfügung: Bei den Algen kann man noch jetzt die Übergange von
Einzellern über Zellfäden bis zu Algen mit früher Aufgabenteilung ihrer Zellen
finden. Das sind dann schon echte Vielzeller, die mehr sind als Zellkolonien wie
"Volvox". Hat also die Evolution der Tiere und der Pflanzen getrennt voneinander
im Präkambrium und noch früher die Vielzelligkeit erreicht? Offenbar ja. Kein
vielzelliges Tier ist mit keiner vielzelligen Pflanze verwandt.
Was unterscheidet denn alle
vielzelligen Pflanzen von den Tieren (und den Pilzen)? Jaja, dass die Pflanzen
grüne Chloroplasten in ihren Zellen haben. Bei einigen Schmarotzerpflanzen
können die Chloroplasten allerdings verloren gehen. Das offenbar immer gegebene
Merkmal - das die vielzelligen Pflanzen dann allesamt zu nur träger Bewegung
verdammt - ist ihre Zellwand aus Zellulose.